Bremen fördert gendergerechte Arbeitsbedingungen

 

Bremen hat etwas gegen Geschlechter-Ungerechtigkeiten in der Arbeitswelt: die neue Landestrategie »Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit«. Sie soll, so hat es uns Kai Stührenberg im Gespräch geschildert, für den öffentlichen Dienst und öffentliche Unternehmen neue Strukturen schaffen, als Vorbild dienen und die Privatwirtschaft durch Information und Beratung dabei unterstützen, Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit zu fördern.

Text: Günther Hörbst, Fotos: Shanice Allerheiligen

»Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu überzeugen, ist einer der zentralen Erfolgsfaktoren für Firmen in der Zukunft.« Davon ist Kai Stührenberg, Staatsrat bei der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, zuständig für die Bereiche Arbeit und Europa, überzeugt. Dem 57-Jährigen ist auch bewusst, dass diese jungen Menschen mit anderen Vorstellungen von Arbeit und Arbeitsmodellen ins Berufsleben starten. »Die Vereinbarkeit von Job und Familie ist für diese Bevölkerungsgruppe zentral“, sagt er. »Es gibt heute ein klares gesellschaftliches Bewusstsein für Themen wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Förderung von Frauen in Führungspositionen und eben einem modernen Verständnis der Geschlechterrollen in Arbeit und Gesellschaft.«

 

Gendergerechtigkeit als Standortvorteil

Aus diesem Grund hat das Land Bremen die Landesstrategie »Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit« auf den Weg gebracht. Bremen will auf diese Weise einen Beitrag für Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der bremischen Unternehmen leisten und einen Anreiz bieten, die Arbeitsbedingungen für Frauen und Männer gerechter zu gestalten. Stührenberg betont, dass Bremen damit auch einen Beitrag leisten will, den Standort attraktiver für diese jungen Fachkräfte zu gestalten.

»Eines ist doch klar«, argumentiert der studierte Betriebswirt, »wenn es uns in Bremen gelingt, den Unternehmen zu helfen, auf den Feldern der Geschlechtergerechtigkeit gegenüber anderen Standorten besser und attraktiver zu sein, dann wird das auch bei der Rekrutierung von Fachkräften helfen.« Im Rahmen der Landesstrategie ist deshalb vorgesehen, Unternehmen, die sich auf diesen Feldern verbessern wollen, gezielt durch Fördermittel zu helfen. Da gebe es gerade im Mittelstand einiges an Potenzial, glaubt Stührenberg. »Das Selbstbild der Unternehmen und das Fremdbild der Fachkräfte klaffen da doch oft noch deutlich auseinander.«

 

»Es gibt noch viele Unternehmenskulturen, in denen traditionell Männer in Vollzeit und ohne gebrochene Erwerbsbiografie bevorzugt Karriere machten.«

Kai Stührenberg, Staatsrat bei der Bremer Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa

Der Staatsrat verweist zum Beispiel auf die immer noch deutliche Lücke bei der Bezahlung von Frauen gegenüber Männern. »Der sogenannte Gender Pay Gap entsteht oft dann, wenn Frauen wegen eines Kindes pausieren«, sagt er. »Sie unterbrechen dann ihre Berufstätigkeit länger als Männer und kehren oft in Teilzeit wieder ins Berufsleben zurück. Teilzeit ist jedoch für viele Frauen in der Regel mit einem Karrieknick verbunden, weil Unternehmen auf solche Arbeitsmodelle immer noch zu wenig eingestellt sind.« Das schmälere auch unmittelbar die Chance von Frauen, in Führungspositionen zu gelangen. Der Grund für diese Nachteile liege nicht zuletzt auch in festgefügten Unternehmenskulturen, in denen traditionell eher Männer in Vollzeit und ohne gebrochene Erwerbsbiografie bevorzugt Karriere machten.

 

Gedergerechte Arbeitswelt: Förderung für Bremer Unternehmen

Genau da will nun die Initiative des Landes Bremen ansetzen. »Die Landesstrategie ist verbunden mit dem Zugriff auf Fördermittel für Unternehmen, die ihre Strukturen professionell auf Mängel im Bereich Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit untersuchen lassen wollen«, sagt der Staatsrat. »Nach der Analyse sollte in den Unternehmen dann im besten Fall ein Organisations- und Kulturwandelprozess einsetzen, um die ggf. festgestellten strukturellen Mängel zu beseitigen. Auch für diese Phase will der Senat mit Fördermaßnahmen unterstützen.«

Insgesamt soll die Strategie des Landes Bremen laut Stührenberg »eine starke Säule im Standortwettbewerb« bilden. Bremen denke auch über ein Siegel nach, das an besonders vorbildliche Unternehmen vergeben werden könnte. »Wir müssen als Standort bei diesem für die Vertreter der Generationen Y und Z besonders wichtigen Themen schnell eine führende Position einnehmen«, sagt der Staatsrat. »Dann haben wir auch am Standort Bremen sehr gute Möglichkeiten im Wettbewerb um die besten Köpfe.«

 

Praxisbeispiel: Bremer Aufbau Bank

Wenn es um die Gleichberechtigung von Mann und Frau geht, ist Entgeltgleichheit ein zentrales Element. Davon ist auch die BAB – die Förderbank für Bremen und Bremerhaven überzeugt, hat dieses Thema deshalb auf die Unternehmensagenda gesetzt und mit dem »KMU-Gleichstellungscheck« erarbeitet.

Was dabei schnell deutlich wurde: Geld allein ist nicht alles. »Eine Gehaltserhöhung zur Angleichung der Gehälter trägt nur kurz zur Motivation bei – wenn es aber strukturelle Probleme im Betrieb gibt hat man langfristig nichts gelöst«, fasst Ralf Stapp, Vorsitzender des BAB-Geschäftsführung, seine Erkenntnisse zusammen. »Natürlich gilt das aber auch andersrum. Wenn man nur die Kulturdimension betrachtet, reicht das auch nicht, denn faire Gehälter sind natürlich sehr wichtig. Wir müssen das Unternehmen ganzheitlich betrachten«

Es ginge beispielsweise auch um die Frage, wie man Teilzeitkräfte gleichwertig am Unternehmensbetrieb teilhaben lassen kann – zum Beispiel, indem man wichtige Termine so legt, dass alle teilnehmen können – oder ob Vorgesetzte dafür sorgen, dass Männer und Frauen in Meetings gleichberichtigt zu Wort kommen. Oder wie man geteilte Führungsrollen einsetzen könne – da habe die BAB – die Förderbank für Bremen und Bremerhaven gerade erste Modelle gestartet.

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