Ob aus München oder dem Münsterland: Hauptsache Bremen
Der Halbmond und einige Sterne sind noch am dunklen Morgenhimmel zu sehen. Aqib Butt steht an der Haltestelle der Linie 6 und wartet auf die Straßenbahn. Es ist kalt, sein Atem bildet eine kleine Wolke und er fröstelt. Der gebürtige Münchner ist auf dem Weg zu seinem Arbeitgeber Radio Bremen. Dort wird er unter anderem auf Elena Fortmann treffen. Zusammen mit ihr und sieben weiteren jungen Menschen lernt er im Rahmen eines Volontariats das journalistische Handwerk kennen. Wie ihr Alltag in einem modernen Medienhaus aussieht, welche Bausteine die Ausbildung umfasst und wie es ist, live im Radio zu berichten, erzählen die beiden Zugezogenen.
Text: Nicolas Schiffler
Am 23. November 1945 startete das Medienhaus mit dem Satz „Hier ist Radio Bremen“ seine erste Übertragung. Als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks trägt die kleinste Landesrundfunkanstalt der ARD heute mit ihren diversen Radiosendern, Fernsehprogrammen wie „buten un binnen“ und „3-nach-9“, sowie den neueren Formaten wie Y-Kollektiv“ oder „WUMMS“ zur Meinungs- und Medienvielfalt in Deutschland bei.
Seit der Gründung folgt der Arbeitstag der tagesaktuellen Produktion bei der Landesrundfunkanstalt einem immer wiederkehrenden Rhythmus: „Wir beginnen jeden Morgen mit einer Redaktionskonferenz. Hier werden Themen besprochen, die interessant sind, und die wir dann redaktionell aufbereiten. Dabei können wir auch Inhalte und Ideen einbringen, die uns selbst interessieren oder am Herzen liegen“, erklärt Elena Fortmann. Die 24-Jährige hat in Gelsenkirchen Journalismus und PR studiert und bereits während ihrer Schulzeit bei einem lokalen Radiosender gearbeitet – ein bemerkenswerter Zufall führte sie schließlich nach Bremen. „Ein paar Jahre später ergab sich durch eine glückliche Fügung ein erneuter Kontakt zu einer ehemaligen Kollegin des Lokalsenders. Sie arbeitete damals schon bei Radio Bremen und vermittelte mir ein Praktikum. Inzwischen wohnen wir hier zusammen in einer WG und ich absolviere mein Volontariat“, erzählt die gebürtige Münsterländerin mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Neue Formate erreichen die Zielgruppe – und Bewerber:innen
In den vergangenen Jahren hat sich die Medienlandschaft Schritt für Schritt verändert. Junge Menschen nutzen Nachrichten, Informationen und Ereignisse zunehmend im Internet sowie auf Plattformen wie „TikTok“ oder „Instagram“. Dieser Herausforderung begegnet Radio Bremen mit neuen und auf die Zielgruppe zugeschnittenen Konzepten – welche durch die kurzen Entscheidungswege im Unternehmen schnell umgesetzt werden. So sind in der Sendeanstalt unter anderem das crossmediale Angebot „Bremen NEXT“ mit einem Fokus auf Lifestyle, Hip-Hop und elektronische Musik sowie das Reportageformat „Rabiat“ entstanden. Junge Reporterinnen und Reporter berichten hier über relevante und kontroverse Themen ihrer Generation. Diese Art der Aufbereitung findet Anklang – auch bei Bewerber:innen. „Schon seit meiner Schulzeit habe ich mit dem Gedanken gespielt, im Journalismus oder in der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung zu arbeiten, da ich insbesondere bei Letzterem das Konzept sehr spannend finde. Während meiner Jobsuche bin ich deshalb auf die Stellenausschreibung und die Inhalte von Radio Bremen aufmerksam geworden. Durch die vielfältigen Formate und die freundlichen Kennenlerngespräche war für mich sofort klar, dass ich hier meine Berufslaufbahn starten möchte“, erzählt Aqib Butt.
Der gebürtige Münchner zog im April 2023 aus dem Süden an die Weser. „Ich habe nach der Schulzeit zunächst in Passau Medien- und Kommunikationswissenschaften und im Anschluss Staatswissenschaften studiert. Viel größer hätte die Distanz zu meinem neuen Arbeitgeber nicht sein können“, schmunzelt er.
„Ich hatte auch mit dem Gedanken gespielt, meine Bewerbungsunterlagen an den Bayerischen Rundfunk zu schicken, diese Idee nach den positiven Eindrücken bei Radio Bremen aber verworfen. Ich hatte hier direkt ein gutes Gefühl. Obwohl die Sendeanstalt in Süddeutschland natürlich näher an meiner Heimatstadt gewesen wäre“, führt er weiter aus.
Weder Elena Fortmann noch Aqib Butt bereuen ihre Entscheidung – ihnen gefallen die einzelnen Bausteine des Volontariats. Die journalistische Ausbildung folgt einem detailliert ausgearbeiteten Plan, der vorsieht, dass die Berufseinsteiger:innen in verschiedenen Redaktionen eingesetzt und in Seminaren ausgebildet werden. „Vor Kurzem haben wir in Potsdam eine mehrwöchige Fernsehschulung absolviert. An diesen Fortbildungen nehmen alle Volontärinnen und Volontäre gleichzeitig teil. Die Redaktionen durchlaufen wir jeweils einzeln und wechseln in einem Turnus von vier bis sechs Wochen“, berichtet Fortmann. „Durch diese Aufteilung schnuppern wir immer wieder in neue Themengebiete hinein und lernen das Medienhaus und viele Menschen kennen. In der Online-Redaktion des Regionalmagazins ‚buten un binnen‘ werden Inhalte anders aufbereitet als zum Beispiel beim Radiosender ‚Bremen Zwei’“, ergänzt der 27-Jährige.
Praktische Erfahrungen sind wichtiger Bestandteil der Ausbildung
Als Elena Fortmann und Aqib Butt nach den Vorzügen ihres Volontariats gefragt werden, müssen die beiden nicht lange überlegen: „Die Abwechslung“, sprudelt es aus der Wahlbremerin heraus. „Vom ersten Tag an sammeln wir bei Radio Bremen wahnsinnig viele Erfahrungen und probieren uns aus. Wir bekommen in der Umsetzung viel Vertrauen geschenkt und können dabei auch Wünsche äußern“, sagt sie. Wie diese „Learning by doing“-Mentalität im Detail aussieht, erläutert Fußballfan Aqib anhand eines Beispiels: „Radio Bremen liefert auch Teile des WDR-Radioangebots ‚COSMO‘ zu. Als ich bei diesem Hörfunkprogramm gearbeitet habe, bin ich bei meinen Recherchen auf die Firma Worldcoin aufmerksam geworden. Und wenige Tage später hatte ich dazu im Radio einen Live-Talk. Teil des Gesprächs war auch ein vorher von mir durchgeführtes und aufgezeichnetes Interview mit dem Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht. Zuvor habe ich die Idee in der Redaktionssitzung vorgestellt, recherchiert und mit den Pressestellen gesprochen.“ Auch die begeisterte Tänzerin Elena kann von einem ähnlichen Erlebnis berichten: „In der morgendlichen Themenrunde bei, ‚Bremen Eins‘ haben wir uns überlegt, dass wir O-Töne von einer aktuellen Veranstaltung in der Hansestadt senden wollen. Wenig später habe ich dann live im Radio von der Shoppingmesse HanseLife berichtet. Das ist schon etwas Besonderes.“ Eines wird im Laufe des Gesprächs immer wieder deutlich: Das Unternehmen punktet mit seinen kurzen Entscheidungswegen, spannenden Projekten und bietet den jungen Menschen eine berufliche Perspektive. „Die Übernahmechancen nach einem Volontariat liegen bei fast 100 Prozent“, sind sich die beiden einig.
Und auch in ihrer neuen Heimatstadt fühlen sich die beiden schon pudelwohl. „Auch wenn es im Norden deutlich windiger und regnerischer ist als im Süden, gefällt mir die Stadt sehr gut. Ich spaziere gerne an der Weser entlang und bin häufig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Das ist ein großes Plus an Bremen. Ich komme schnell von A nach B“, berichtet Aqib, der glühender Fan von 1860 München ist. Auch Elena Fortmann zeigt sich begeistert von ihrem neuen Lebensmittelpunkt und hat zum Ende des Gesprächs noch einen Tipp für die Abendplanung im Gepäck:
„Die Kneipe ‚Der Schwarze Hermann‘ am Friedenstunnel ist eine super Adresse, um ins Wochenende zu starten.“