Wann ist eine Großstadt lebenswert?

 

Worauf achten Menschen bei der Wahl ihres Wohnortes und wie schneidet Bremen dabei ab? Das wollten wir genauer herausfinden und haben eine repräsentative Studie in Auftrag gegegeben. Verglichen wurden die Großstädte Bremen, Hamburg, Hannover, Leipzig, Stuttgart, Düsseldorf und Dortmund.

Text: Axel Hausmann, Fotos: Shanice Allerheiligen

Wie nehmen die Deutschen die Stadt Bremen wahr? Wo steht die Hansestadt im Vergleich mit anderen Städten gleicher Größe – und in Bezug auf eine Millionen-Metropole? Antworten liefert jetzt unsere exklusive, repräsentative Studie.

Sie vergleicht die Großstädte Bremen, Hamburg, Hannover, Dortmund, Düsseldorf, Leipzig und Stuttgart. Das Bremer Unternehmen smart insights befragte dafür bundesweit genau 2.032 Männer und Frauen im Alter von 18 bis 69 Jahren. Dabei achteten die Meinungsforscher darauf, die Teilnehmer repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Region auszuwählen. Die Studie wurde online durchgeführt im Zeitraum zwischen dem 28. April und dem 4. Mai 2022.

 

Sicherheit steht an erster Stelle

Die Befragung bewertet 16 Aspekte, die die Attraktivität einer Stadt insgesamt als Lebensmittelpunkt ausmachen. Diese 16 Aspekte wurden dann vier Faktoren zugeordnet – mit überraschenden Ergebnissen:

– Für 84 Prozent aller Befragten ist Sicherheit der wichtigste Faktor („geringe Kriminalität“ und „hohes Sicherheitsempfinden auf öffentlichen Plätzen“)

– 81 Prozent bewerten den Faktor Wohnen als entscheidend für die Attraktivität einer Stadt (u.a. „großes Angebot“, „bezahlbare Preise“)

– 62 Prozent legen Wert auf den Faktor Leben & Freizeit (von „vielen Grünflächen“ bis zum „pulsierenden Nachtleben“)

– 59 Prozent werten den Faktor Arbeit und Bildung als entscheidend (u.a. „großes Angebot an Jobs“, „attraktive Unternehmen“)

 

Wunschbild kollidiert mit Realität

Zwischen dem, was die Menschen sich wünschen und wie sie die Städte tatsächlich einordnen, klafft aber eine Lücke. Denn gefragt wurde auch, wie die Menschen die sieben Städte hinsichtlich der vier Faktoren bewerten würden.

– Der Faktor Sicherheit hat zwar die höchste Relevanz für die Menschen – aber die untersuchten Städte wurden von den Befragten überwiegend als „nicht sicher“ eingestuft. Bremen belegt dabei im Städtevergleich einen guten zweiten Platz (36 Prozent bewerten die Stadt als „sicher“), Stuttgart sichert sich den ersten Platz (38 Prozent Zustimmung). Die größte Lücke zwischen Wunsch und Realität existiert in Dortmund – nur 17 Prozent bewerten die Stadt als „sicher“.

– Auch beim Faktor Wohnen belegt Bremen Platz 2 in der Einschätzung (erster Platz geht an Leipzig mit 42 Prozent Zustimmung). Den letzten Platz teilen sich Hamburg und Stuttgart.

– Dafür sichert sich Hamburg den ersten Platz beim Faktor Leben & Freizeit (Zustimmung 80 Prozent, Relevanz 62 Prozent). Bremen belegt im Ranking Platz 5 (Zustimmung 52 Prozent), Dortmund wird hier von den Befragten am schlechtesten eingeschätzt.

– Beim Faktor mit der geringsten Relevanz für die Attraktivität einer Stadt (Arbeit und Bildung) gewinnt wieder Hamburg (Zustimmung 64 Prozent), Bremen liegt auf Platz 6 (35 Prozent Zustimmung), Dortmund belegt wiederum Platz 7.

 

»Die Deutschen sehen Bremen als bürgernahe, gastfreundliche, familienfreundliche und umweltfreundliche Stadt im Vergleich zu anderen Städten – jedoch nicht als fortschrittlich, wirtschaftlich aufstrebend, jung und international bedeutsam

Dr. Tobias Recke, Geschäftsführer von smart insights

 

Bremen punktet bei Bürgernähe und Familien

Die Studie liefert in ihrer Gesamtheit ein klares Bild auf die Attraktivität der Städte, die im Mittelpunkt der Befragung standen. „Die Deutschen sehen dabei Bremen als bürgernahe, gastfreundliche, familienfreundliche und umweltfreundliche Stadt im Vergleich zu anderen Städten – jedoch nicht als fortschrittlich, wirtschaftlich aufstrebend, jung und international bedeutsam“, fasst Dr. Tobias Recke, Geschäftsführer von smart insights einen wichtigen Aspekt zusammen. Bremen landet bei wichtigen Einschätzungen („fortschrittlich“, „wirtschaftlich aufstrebend“, „jung“, „international bedeutsam“) immer auf dem vorletzten Platz des Rankings.

»Es ist bedauerlich, dass Bremen bei wichtigen Themen so schlecht wahrgenommen wird«, meint Günther Hörbst vom Verein Unternehmen für Bremen e.V.. So seien 70 Prozent der Deutschen der Meinung, dass Bremen nicht zu den größten deutschen Industriestandorten zählt und jeder dritte ordnet die Freie Hansestadt dem Bundesland Niedersachsen zu. Diese falschen Einschätzungen würden auch dazu führen, dass die Attraktivität der Stadt als wichtiger Arbeitgeber bei innovativen Unternehmen unterschätzt würde. Zwar könnten sich 34 Prozent der Befragten vorstellen, in einer anderen Stadt zu arbeiten (und wären damit potenzielle Neu-Bremer ArbeitnehmerInnen) – aber bei nur drei Prozent wäre Bremen dann die erste Wahl als Lebensmittelpunkt.

Vorgestellt wurde die Studie auf unserem fünften Netzwerktreffen – dem »BREMstorming«. Über Video zugeschaltet war auch Bremens Erster Bürgermeister, Andreas Bovenschulte. »Im Großen und Ganzen entsprechen die Ergebnisse auch meiner Einschätzung, wie Bremen wahrgenommen wird – auch wenn ich Details vielleicht anders sehen würde«, kommentierte er die Studienvorstellung. Das sei bedauerlich, da unter Bremens Unternehmen viele HIDDN CHAMPIONS seien, die attraktive und innovative Positionen anbieten würden. »Wir sehen hier sicherlich eine ‚gespaltene Realität‘, die mich in ihrem Ausmaß überrascht – und wir können uns damit sicherlich nicht abfinden.«

Wichtig sei daher, dass Unternehmen und Politik weiterhin gemeinsam an der Stärkung der Attraktivität arbeiten würden. Das sei ein langer Weg; Bremen müsse lernen, noch mehr, verstärkt und immer wieder über seine Erfolge zu reden, so der Bürgermeister.

 

Auf Wunsch stellen wir gern die gesamten Ergebnisse der Studie zur Verfügung.

Bei Interesse einfach eine Mail an uns senden.