Bremens Wirtschaft: Innovation trifft Vielfalt

Das UNESCO-Welterbe Roland und Rathaus, acht Hochschulen und die Vorteile eines der größten Industriestandorte Deutschlands: Es gibt viele Gründe, warum Bremen ein idealer Ort zum Leben und Arbeiten ist. Vor allem in der Luft- und Raumfahrt, in der Windenergie sowie in der maritimen Wirtschaft und Logistik nimmt das kleinste Bundesland Spitzenpositionen ein und steht für innovative Lösungen. Darüber hinaus fördert die Hansestadt eine bunte Kultur- und Kreativszene und bietet Start-ups hilfreiche Netzwerkformate und Wissenstransfer.
Text: Nicolas Schiffler
Foto © WFB / Carina Tank

Die Hydraulik wurde kontrolliert, alle wichtigen Instrumente überprüft und die Wetterdaten ausgewertet – die letzten Checks sind abgeschlossen. Langsam rollt das Gefährt, das an die Form eines Wals erinnert, auf die Startbahn des Bremer Flughafens zu. Die 227 Tonnen schwere, 19 Meter hohe Beluga XL ist mit einer Spannweite von über 60 Metern eines der größten Flugzeuge der Welt und regelmäßig in der Hansestadt zu Gast. Die Maschine dient dem Flugzeugbauer Airbus, der in Bremen seinen weltweit zweitgrößten Standort hat, als wichtiges Transportmittel. Im Werk in der Nähe des Bremen Airport fertigen und entwickeln die rund 4.500 Mitarbeiter:innen des Luft- und Raumfahrtkonzerns die Hochauftriebssysteme und Landeklappen für die Flieger. Außerdem werden dort die Tragflächen der beiden Langstreckenmodelle A330 und A350 mit allen wichtigen Systemen, Sensoren sowie hydraulischen und elektrischen Leitungen ausgestattet.

 

Bremen greift nach den Sternen
Hoch hinaus geht es in der Hansestadt sowohl im 146 Meter hohen Fallturm des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikronavigation (ZARM) im Technologiepark der Universität Bremen als auch in der Luft- und Raumfahrt. Die Branche ist eine tragende Säule der Wirtschaft – mehr als 140 Unternehmen erzielen einen Jahresumsatz von über vier Milliarden Euro und bieten mehr als 12.000 Arbeitsplätze. Im kleinsten Bundesland arbeiten führende Spezialistinnen und Spezialisten an den spannendsten Technologien der Zukunft. So werden in Bremen unter anderem Produkte und Komponenten für weltbekannte Projekte wie das Satellitennavigationssystem GALILEO oder die Oberstufe der Trägerrakete Ariane gefertigt. Darüber hinaus sind die Unternehmen in der Stadt an der Weser verantwortlich für den Betrieb der europäischen Elemente der Internationalen Raumstation ISS sowie für die Entwicklung und den Bau des Servicemoduls für das Raumschiff Orion. Um den neuesten Anforderungen gerecht zu werden und für hochqualifizierten Nachwuchs zu sorgen, bieten die Hochschule Bremen und die Universität Bremen verschiedene Studiengänge und Schwerpunkte für Luft- und Raumfahrtingenieurinnen und -ingenieure an.

In der Hansestadt arbeiten Wissenschaftler:innen darüber hinaus an einer weiteren spannenden Technologie der Zukunft – der Künstlichen Intelligenz. Gebündelt werden die Forschungsaktivitäten im hiesigen Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Es vereint die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Stärken im Land und ermöglicht Unternehmen, Fachkräften und der Öffentlichkeit den Zugang zu KI-Technologien. Das Institut ist in Norddeutschland einzigartig und die Schmiede intelligenter technischer Systeme. Von Robotern für den Einsatz in Risikogebieten über Möglichkeiten zur Rehabilitation nach einem Schlaganfall bis hin zu verlässlicher Elektronik für selbstfahrende Fahrzeuge und das Smart Home – die am DFKI in Bremen entwickelten Technologien unterstützen den Menschen in vielen Bereichen des täglichen Lebens und Arbeitens.

 

Mit Rückenwind auf hoher See – und in die Zukunft
Bremen hat im Juli 2024 einen wichtigen Schritt zu mehr Umweltschutz beschlossen: Forschung und Wissenschaft sollen das kleinste Bundesland auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen – bis 2038 will die Hansestadt ihre CO2-Emissionen auf null senken. Eine wichtige Säule zur Erreichung dieses Ziels sind Erneuerbare Energien. Wie praktisch, dass in der Hansestadt zu jeder Jahreszeit ein frischer Wind weht. Seit den Anfängen der kommerziellen Windenergienutzung in den 1990er Jahren sind Bremen und Bremerhaven feste Größen in der Branche. Mit über 80 Unternehmen und rund 3.000 Beschäftigten decken die beiden Städte wichtige Bereiche der Wertschöpfungskette ab. Hier werden Windparks geplant, überwacht und gewartet, Innovationen erprobt und Fachkräfte ausgebildet. Zur hiesigen Branche gehören Projektentwickler wie die wpd GmbH oder die Energiekontor AG, die weltweit Windparks errichten und betreiben. Begleitet werden die industriellen Aktivitäten von einer hochmodernen Forschungslandschaft, zu der unter anderem einer der größten Prüfstände für Rotorblätter gehört. Im Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) können bis zu 120 Meter lange Bauteile auf Herz und Nieren geprüft werden.

Dank der Nähe zur Nordsee sind die Wege zu den Offshore-Anlagen auf hoher See kurz – dieser Umstand kommt auch der maritimen Wirtschaft vor Ort gelegen. Bremen und Bremerhaven gehören zu den bedeutendsten Hafen- und Logistikstandorten Europas. Die stadtbremischen Häfen sind auf den Umschlag von konventionellem Stück- und Schwergut sowie Massengütern spezialisiert. Rund 1.300 Unternehmen sichern etwa 40.000 Arbeitsplätze in der maritimen Wirtschaft und Logistik. Sie erwirtschaften rund ein Drittel des gesamten Bruttoinlandsproduktes des Zwei-Städte-Landes. Neben der Hafenwirtschaft runden zahlreiche Betriebe aus den Bereichen Schiffbau, Schiffbauzulieferindustrie und maritime Forschungseinrichtungen das Portfolio eines leistungsfähigen maritimen Standortes ab. Dieser wird perfekt ergänzt durch die Logistikbranche: Mehr als 1.300 Logistik- und Transportunternehmen sorgen dafür, dass die Waren aus den Häfen über Luft, Straße und Schiene ihre Ziele in aller Welt erreichen. Nicht nur die Bremischen Häfen sind ein Fixpunkt in der Logistiklandschaft an der Weser, sondern auch das Güterverkehrszentrum. Hier werden die Waren aus den Seehäfen auf Schiene und Straße umgeschlagen. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1980 führt es die Rankings der Logistik-Gewerbeflächen an.

Kreative Köpfe bringen die Bremer Wirtschat nach vorne
Als Motor für Innovationsprozesse hat die Kultur- und Kreativbranche große Bedeutung und Einfluss auf den wirtschaftlichen Strukturwandel, betriebliche Innovationen und das Wirtschaftswachstum. In Bremen gibt es rund 3.340 Unternehmen inklusive Freiberufler:innen und Selbstständige, die mit über 12.000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von rund 790 Millionen Euro erwirtschaften. Wichtige Hotspots dieses Wirtschaftszweiges sind „das Viertel“ mit seiner bunten Kultur- und Kneipenszene, die Bahnhofsvorstadt sowie die sogenannte Plantage in Findorff. Vor allem junge Unternehmen und Freischaffende finden hier optimale Bedingungen für Büros und Kooperationen. Mit der Hochschule für Künste im Speicher XI befindet sich ein echter Nukleus der Kreativwirtschaft und ein großes Reservoir an Nachwuchskräften direkt vor Ort.

Kreative Akteurinnen und Akteure profitieren zudem von einer Vielzahl von Informations- und Netzwerkveranstaltungen in Bremen. Unweit des Marktplatzes hat auch die BAB – Die Förderbank mit ihrem Segment Starthaus Bremen & Bremerhaven ihren Sitz – sie begleitet insbesondere kleine und mittlere Unternehmen in allen Phasen von der Gründung über Wachstum und Umstrukturierung bis hin zur erfolgreichen Nachfolgeregelung – kostenlos und individuell. Die Starthelfer:innen entwickeln gemeinsam mit den Gründer:innen Geschäftsmodelle und geben Weiterbildungen.

Darüber hinaus bietet das Land Bremen weitere Initiativen und Angebote zur Förderung und Vernetzung innerhalb der Kreativbranche: Der Klub Dialog bringt Menschen aus verschiedenen Bereichen und Branchen zusammen. Ziel ist es, gemeinsam einen frischen Blick in die Zukunft zu wagen und mit Hilfe von Workshops, unterschiedlichen Veranstaltungsformaten und Kooperationsprojekten Lösungsansätze für aktuelle Herausforderungen zu entwickeln. Der belladonna e.V. setzt sich dafür ein, die politische, gesellschaftliche und kulturelle Bildung von Frauen zu fördern und bietet eine große Bandbreite von Veranstaltungen in den Bereichen Wirtschaft, Kultur und Bildung. Für Gründerinnen, Jungunternehmerinnen und selbstständige Frauen aus der Kreativwirtschaft bietet belladonna Seminare, Kurse, Vorträge, Talkrunden, Netzwerkveranstaltungen, Coachingreihen und Ratgeberliteratur an.